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Forum Versicherungsrecht am 09.09.2024: ESG - Environmental, Social, Governance

Das dritte Forum Versicherungsrecht des Jahres 2024 fand am 09. September zum Thema „ESG – Environmental, Social, Governance” in hybrider Form in Präsenz im Haus der Universität und online via Zoom statt. Das Forum wurde in Kooperation mit dem Institut für Unternehmensrecht veranstaltet.

Prof. Dr. Dirk Looschelders hob nach einer kurzen Begrüßung der circa 120 Teilnehmenden die Tragweite und die hohe - auch branchenübergreifende - Relevanz des Themas hervor.

Durch das zügige Tempo der EU bei Maßnahmen zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen komme es fortlaufend zu Gesetzesänderungen, die es näher zu beleuchten gelte. Die angesehenen Referenten analysierten das umfassende Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln.  

Zunächst wurde das Thema aus Sicht eines Wirtschaftsprüfers von drei Referenten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers GmbH beleuchtet. Zu diesem Zweck legten Kristina Stiefel, Partnerin / Financial Services, Julia Leonhardt, Senior Managerin / Financial Services und Christian Sack, Partner / Financial Services den Fokus auf die CSRD-Richtlinie. Diese stellt neue Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und somit auch Wirtschaftsprüfer vor neue Herausforderungen.

Kristina Stiefel, die der Veranstaltung über Zoom zugeschaltet war, führte zunächst kurz in das Thema ein. Dabei gab sie einen Überblick, über die umfassende Menge an neuen Gesetzen und Richtlinien, die in Folge des European Green Deal entstehen und bereits entstanden sind. Stiefel zog anschließend einen Vergleich der Nachhaltigkeitsregulierung in der EU mit anderen internationalen oder nationalen Bemühungen. Dieser ergab, dass die EU trotz hoher Regulationsdichte ein enormes Tempo vorgibt. Anschließend zeigte Stiefel die Auswirkungen der CSRD-Richtlinie auf. Sowohl die Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen als auch der Umfang der Berichtspflicht werde auf ein neues Niveau gehoben. Besonders herausfordernd sei dabei, den genauen Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts zu bestimmen. Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts sei es nämlich auch, neben Angaben zur eigenen Geschäftstätigkeit, Angaben zur Wertschöpfungskette zu machen.

Julia Leonhardt fuhr damit fort, die Herausforderungen im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie bei Versicherern zu beleuchten. Diese rühren insbesondere daher, dass die Richtlinie auf das produzierende Gewerbe zugeschnitten sei. Gerade das hohe Tempo sorge für praktische Herausforderungen. Versicherer müssen die Gesetze erst durchdringen und branchenspezifisch deuten, so Leonhardt. Dies sei jedoch auch deshalb mit Schwierigkeiten verbunden, weil die Gesetze wiederum von weitreichenden rechtlichen Unklarheiten geprägt seien.

Christian Sack rundete den Vortrag ab und führte noch einmal die weitreichenden Probleme und Herausforderungen für die Prüfungspraxis aus. Dabei wies er unter anderem auf die Gefahr von Greenwashing hin, wenn Unklarheit darüber bestehe, welche Zahlen in welchem Umfang berichtspflichtig seien. Neben erforderlichen zusätzlichen Qualifikation von Abschlussprüfern, sei es speziell erforderlich, die betreffenden Abteilungen fachlich zu sensibilisieren. Sack gab einen Ausblick, in welchem es unter anderem hieß, dass Klarheit durch stabile Auslegungen wohl erst im Laufe der nächsten Jahre zu erwarten sei.

Den zweiten Vortrag hielt Dr. Christoph Louven, Rechtsanwalt / Seniour Counsel, Hogan Lovells International LLP, Düsseldorf. Sein Vortrag zum Thema „ESG als Gegenstand von Geschäftsleiterpflichten“ gab einen Ausblick zu den Haftungsrisiken, die mit ESG – insbesondere für Vorstände – einhergehen könnten. Zunächst wies auch Louven auf das Problem hin, dass die gesetzlichen Grundlagen aufgrund vieler unbestimmter Rechtsbegriffe und eines fehlenden schlüssigen Begriffssystems kaum operabel seien. Dies sei jedoch nicht das einzige Problem, vor dem Vorstände stehen, wenn sie ESG-Belange berücksichtigen wollen. Es herrsche nämlich Uneinigkeit darüber, ob bei der Ausübung des Leitungsermessens ESG-Belange eventuell einen Gewichtungsvorrang hätten. Zum aktuellen Zeitpunkt der Diskussion erschiene es vorzugswürdig, ESG-Belangen lediglich ein Berücksichtigungsrecht zugutekommen zu lassen und es bei der interessenspluralen Zielkonzeption zu belassen.

Auch für den Vorstand sei das hohe Regulationstempo ein Problem. Bei der Berücksichtigung von ESG-Belangen in der Entscheidungsfindung fehle es oft an den erforderlichen Daten und Informationen. Louven sieht hier die Gefahr, dass Vorstände in Zukunft für Rückschaufehler haften könnten. Der Ermessensspielraum der Vorstände bei unternehmerischen Entscheidungen werde zudem erheblich eingeschränkt. Dies habe einerseits damit zu tun, dass immer mehr Vorgaben durch zwingendes Recht etabliert werden. Andererseits damit, dass die Anzahl der zu berücksichtigenden Interessen wachse. Louven weist an dieser Stelle auf NGOs hin, die geringere Wachstumsraten und sogar Degrowth fordern.

Er empfiehlt deshalb trotz – bislang – fehlenden Gewichtungsvorrang von ESG-Belangen, eine Strategie zur Berücksichtigung dieser Belange zu finden und den Fokus auf die Beschaffung und Anlegung der relevanten Daten zu legen.

Traditionell wurde die Veranstaltung durch eine von Prof. Dr. Thilo Kuntz vom Institut für Unternehmensrecht initiierte Diskussion der Teilnehmenden und der Vortragenden und einem anschließendem Get-together geschlossen.

Abschließend möchten wir Sie auf den 17. Düsseldorfer Versicherungsrechtstag am 24. und 25. Oktober 2024 hinweisen. Das nächste Forum findet am Donnerstag, den 12. Dezember 2024 in Präsenz im Haus der Universität und online via Zoom statt, wozu wir Sie herzlich einladen möchten.

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