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Forum Versicherungsrecht am 14.05.2025: Aktuelle Herausforderungen und Schwerpunkte der Aufsicht

Das zweite Forum Versicherungsrecht des Jahres 2025 fand am 14. Mai zu dem Thema „Aktuelle Herausforderungen und Schwerpunkte der Aufsicht“ in hybrider Form in Präsenz im Haus der Universität und online via Zoom statt.

Prof. Looschelders begann die Veranstaltung mit der Begrüßung der insgesamt rund 100 Präsenz- und Onlineteilnehmenden.

Es folgte eine Vorstellung der Referentin Frau Julia Wiens.

Frau Julia Wiens ist seit Januar 2024 Exekutivdirektorin für den Geschäftsbereich Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und ist außerdem Mitglied internationaler Gremien der EIOPA und der IAIS.

Den Auftakt machte Wiens mit einem Vortrag über die „Herausforderungen und Schwerpunkte der Aufsicht“, gefolgt von einer aufschlussreichen Podiumsdiskussion.

Wiens hob zunächst hervor, dass Juristinnen und Juristen in der Versicherungsbranche sowie die Aufsicht ein gemeinsames Ziel verfolgen: Die erfolgreiche Abwendung von Risiken durch effektive Kommunikation und gemeinsame Zusammenarbeit. Dabei bezog sich Wiens auf die gegenwärtigen geopolitischen Umbrüche. Beispielsweise sage eine Prognose der Wirtschaftsforschung eine Senkung des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland von 0,8 % auf 0,1 % für 2025 voraus. Die wirklichen Gefahren lägen jedoch nach Einschätzung der Aufsicht im Bereich des Kredit-, Liquiditäts- und Marktrisikos.

Wiens schlussfolgerte zudem, dass Unternehmen im Finanzsektor von diesen geopolitischen Umwälzungen entweder unmittelbar durch Cyberattacken und Sanktionen sowie mittelbar durch eine Zunahme der Marktvolatilität betroffen sein könnten. Insbesondere die indirekten Umbrüche könnten schwerwiegende Folgen für Versicherer haben. 

Obwohl diese geopolitischen Risiken schwer vorhersehbar seien, könnten Versicherer Maßnahmen ergreifen, indem sie ein effektives und zukunftsorientiertes Risikomanagement implementieren. Aus diesem Grund lege die Aufsicht Ihren Fokus auf ein leistungsstarkes Kapitalrisikomanagement, die Observierung des digitalen Wandels, die Festigung der Wohlverhaltensaufsich sowie eine effektive Entlastung der Bürokratie. Auf diese Punkte ging Wiens im Anschluss ausführlich ein. 

Zunächst erläuterte Wiens die Relevanz der Kapitalanlagerisiken und deren Behandlung. Sie betonte, dass Versicherer mit alternativen Anlageformen, ein leistungsstarkes Risikomanagement sowie qualifiziertes Fachpersonal aufweisen sollten.

Anschließend hob Wiens die Bedeutung des kontinuierlichen technologischen Wandels hervor. Die Aufsicht erkenne die Vorteile sowie Möglichkeiten der Digitalisierung und insbesondere die der Künstlichen Intelligenz. Es müsse jedoch an bestehenden Defiziten gearbeitet werden. Dazu zählen ein besserer Schutz vor Cyberangriffen, der Austausch veralteter IT-Systeme und die Verhinderung von Diskriminierung durch einen auf Vorurteilen basierenden Kundenservice. Dabei nahm sie Bezug auf die im August 2024 erlassene europäische KI-Verordnung und die Solvency II Richtlinie und hob das Ziel hervor, eine verantwortungsvolle und transparente Verwendung sowie den bewussten Einsatz von KI zu schaffen. Die Verantwortung läge bei den Unternehmen und es müsse an den richtigen Stellen investiert werden.

Anschließend betonte Wiens die Tragweite der Wohlverhaltensaufsicht und deren erforderliche Weiterentwicklung. Bei Versicherungsprodukten sei es notwendig, dass sie einen angemessenen Kundennutzen bieten. In diesem Jahr liege der Fokus bei der Prüfung von Versicherern mit besonders hohen Stornoquoten.

Zum Schluss befasste sich Wiens mit der Erforderlichkeit des Bürokratieabbaus. Es bedürfe dringend einer Reduktion des bürokratischen Aufwands, um die Versicherer zu entlasten und die Effektivität zu steigern. Dabei müsse jedoch beachtet werden, dass die Sicherheit nicht reduziert werden, sondern weiter ausgebaut werden müsse.

Abschließend gelangte Wiens zu dem Resultat, dass die besprochenen vier Aspekte essentiell seien, um das Vertrauen der Kunden in die Versicherer zu wahren. 

Im Anschluss an den Vortrag folgte eine von Prof. Michael moderierte Podiumsdiskussion.

Auf die von Prof. Looschelders gestellte Frage, welche Ziele sich Wiens für ihre Amtszeit gesetzt habe, betonte Sie, dass die Aufsicht als wirksam, zielorientiert und durchsetzungsstake Instanz wahrgenommen werden solle. Sie strebe eine starke Stellung der deutschen Versicherungsaufsicht im europäischen Kontext an. Übergeordnete Ziele seien die Sicherstellung der Stabilität der Versicherer sowie die langfristige Sicherungsfähigkeit der gesamten Branche.

Wiens äußerte sich ebenfalls zur Haltung der Aufsicht gegenüber der zunehmenden Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Versicherungswirtschaft. Sie betonte, dass man den technologischen Wandel offen begleite, jedoch auch die damit verbundenen Risiken klar im Blick habe. Besonders im Bereich der Hochrisiko-KI-Systeme innerhalb der Finanzindustrie – sowohl im Banken- als auch im Versicherungssektor – gelte es, mögliche Gefahren frühzeitig zu identifizieren und regulatorisch zu adressieren. Zudem thematisierte Wiens auch die Berufschancen an der Schnittstelle zwischen Jura und Informatik. In einer zunehmend digitalisierten Welt böten sich hier vielfältige Möglichkeiten an.

Nach der Diskussion schloss sich ein gemeinsames Get-together der Teilnehmenden und der Referentin bei einem Imbiss und Getränken an.

Das nächste Forum findet am Mittwoch den 17. September 2025 in Präsenz im Haus der Universität und online via Zoom zu dem Thema „Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung“ statt. Zudem möchten wir Sie auf den 18. Düsseldorfer Versicherungsrechtstag aufmerksam machen, der am 30. und 31. Oktober 2025 stattfinden wird, wozu wir Sie herzlich einladen möchten.