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Forum Versicherungsrecht am 20.02.2025: KI in der Versicherungswirtschaft

Das erste Forum Versicherungsrecht des Jahres 2025 fand am 20. Februar zu dem Thema „Künstliche Intelligenz in der Versicherungswirtschaft: Anwendungsgebiete und Rechtsrahmen“ in hybrider Form in Präsenz im Haus der Universität und online via Zoom statt. Professor Looschelders begann die Veranstaltung mit der Begrüßung der insgesamt rund 200 Präsenz- und Onlineteilnehmenden.

Den Auftakt machte Herr Rolf Mertens, Bereichsleiter Analytics & Robotics, ERGO Group AG, mit seinem Vortrag zu dem Thema „Der Einsatz von KI in der Versicherungswirtschaft“. Im Anschluss referierte Prof. Dr. Domenik Wendt, LL.M., Professor für Bürgerliches Recht, Europäisches Wirtschafts- und Europarecht, Frankfurt University of Applied Sciences, zu dem Thema „Neue Anforderungen für Künstliche Intelligenz in der Versicherungswirtschaft durch die KI-VO“.

Die Vorträge der Referenten finden Sie hier:

 

Zu Beginn seines Vortrags erläuterte Mertens das Potenzial von KI für Versicherungsunternehmen. Insbesondere könne sie einen Beitrag zur Bewältigung des demografischen Wandels leisten. Generative KI sei in der Lage, die Ressourcenlücke zu schließen, die durch den Rückgang an verfügbaren Fachkräften entstehe.

Anhand eines Fußballfeldes verdeutlichte Mertens, dass für den erfolgreichen Einsatz von KI ein Team aus Mitarbeitern verschiedener Fachbereiche (z.B. Data Engineering, Controlling, IT-Sicherheit, Data Science) notwendig sei.

Anschließend erläuterte Mertens, wie KI im Gesundheitswesen bei der Dokumentenverarbeitung unterstützen kann. Bei der ERGO gehen jährlich rund 60 Millionen Seiten ein, die sich aus mehr als 300 verschiedenen Dokumententypen der Krankenversicherung zusammensetzen. Die KI werde darauf trainiert, die Dokumente zu klassifizieren, die technischen Daten zu extrahieren und zu prüfen, ob die Rechnungsbeträge ausgezahlt werden können. In Testläufen habe das ERGO-KI-Modell signifikant bessere Ergebnisse mit geringeren Fehlerquoten im Vergleich zur bisherigen Dokumentenverarbeitung liefern können.

Anschließend ging Mertens auf den Bereich der generativen KI ein. Auch diese biete Potenziale zur Effizienzsteigerung in Versicherungsunternehmen. Als Beispiel für den Einsatz von GenAI in der ERGO nannte Mertens ERGO GPT, ein Chat GPT von Open AI für ERGO-Kunden, das Mitte 2024 erfolgreich eingeführt wurde. Darüber hinaus würden sogenannte „Internal Knowledge Chatbots“ eingesetzt, die ERGO-Mitarbeiter bei der Suche in internen Wissensdatenbanken und Informationen unterstützen.

 

Wendt widmete sich in seinem Vortrag der Thematik der Künstlichen Intelligenz aus der regulatorischen Perspektive. Dazu stellte er zunächst anhand eines Zeitstrahls die wesentlichen Schritte dar, die zum Inkrafttreten der KI-VO am 1. August 2024 geführt haben. Er fuhr fort mit der Erläuterung der Motive für die KI-VO, deren Ziel es sei, den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten und einen Beitrag zur Entwicklung sicherer Systeme der Künstlichen Intelligenz zu leisten.

Wendt begrüßte den vom europäischen Gesetzgeber gewählten Regelungsansatz. Dieser zeichne sich dadurch aus, dass KI-Systeme sektorübergreifend, technologieneutral und risikobasiert reguliert werden. Letzteres Merkmal vertiefte Wendt, indem er die vier Risikoklassen vorstellte, die die KI-Verordnung unterscheidet. Anschließend erläuterte er die Begrifflichkeiten der KI-VO, unter anderem das „KI-System“ in Art. 3 Ziff. 1 KI-VO sowie den „Betreiber“ und den „Anbieter“ in Art. 3 Ziff. 3 und 4 KI-VO, und gab er einen Überblick über die wesentlichen Pflichten des Anbieters und des Betreibers.

Wendt leitete über zum zweiten Teil seines Vortrags und der Frage, was die Regelungen der KI-VO für die Versicherungswirtschaft bedeuten. Er stellte fest, dass KI-Systeme in Versicherungsunternehmen unter die KI-VO fallen können, wenn sie unter die Begriffsbestimmung des Art. 3 Ziff. 1 KI-VO fallen. Versicherungsunternehmen könnten auch als Anbieter oder Betreiber zu qualifizieren sein.

Wendt wies darauf hin, dass KI-Systeme, die bestimmungsgemäß für die Risikobewertung und Preisbildung in Bezug auf natürliche Personen im Fall von Kranken- und Lebensversicherungen verwendet werden soll, von der KI-VO als Hochrisiko-KI-System eingestuft werden (Anhang III, Ziff. 5 lit. c). Es sei jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob eine Ausnahme gem. Art. 6 Abs. 3 KI-VO greife. Seiner Ansicht nach biete die Regelung viel Interpretationsspielraum und könnte in Zukunft die Gerichte beschäftigen.

Abschließend wies Wendt darauf hin, dass die ersten Regelungen der KI-VO seit Februar dieses Jahres anwendbar seien, insbesondere zu Verboten und zur KI-Kompetenz.

 

Die beiden Vorträge wurden mit einer von Professor Michael moderierten Diskussion beendet, woran sich ein Get-together der Teilnehmenden und Vortragenden anschloss.

 

Das nächste Forum findet am Mittwoch, den 14. Mai 2025 in Präsenz im Haus der Universität und online via Zoom statt. Zudem möchten wir Sie auf den 18. Düsseldorfer Versicherungsrechtstag aufmerksam machen, der am 30. und 31. Oktober 2025 stattfinden wird, wozu wir Sie herzlich einladen möchten.