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Forum Versicherungsrecht am 03.03.2020: Versicherungskartellrecht

Das erste Forum Versicherungsrecht des Jahres 2020 fand am 03. März im Haus der Universität statt. Die beiden Referenten Professor Dr. Hans Jürgen Meyer-Lindemann, M.C.J. (NYU), Pinsent Masons Germany LLP, Düsseldorf, und Frau Dr. Christine Maimann, Oberlandesgericht Düsseldorf, widmeten sich in diesem Rahmen dem Thema „Versicherungskartellrecht“.

Seinen Vortrag mit dem Titel „Less is more? – Herausforderungen für das Versicherungskartellrecht nach dem Auslaufen der Gruppenfreistellung für den Versicherungssektor“ leitete Meyer-Lindemann mit einer Darstellung der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Versicherungssektor ein, die 2017 vollständig auslief.

Im Anschluss stellte er die sektorrelevanten Freistellungsbereiche im europäischen Recht detailliert vor, die über die letzten Jahre stetig aus der GVO gestrichen wurden.

Im Ergebnis werde durch das Auslaufen der GVO ein effizientes System abgeschafft, wodurch es zu einem erhöhten Prüfungs- und Gestaltungsaufwand komme. Das Auslaufen der GVO bringe insgesamt keine erhöhte Sicherheit, Flexibilität und Freiheit, sondern lediglich höhere Herausforderungen an die Compliance und die Notwendigkeit nationaler Eigenständigkeit.

Zum Schluss stellte Meyer-Lindemann die Auswirkungen der ausgelaufenen GVO auf das deutsche Recht dar. § 2 Abs. 2 GWB, der eine entsprechende Anwendung der GVO für das deutsche Recht konstituiert hatte, läuft nun leer. Meyer-Lindemann sprach sich für eine autonome deutsche Regelung aus, wofür sowohl der systematische Zusammenhang mit § 3 GWB spreche, als auch die Historie der 7. GWB Novelle, aus der die direkte Anwendung der europäischen Grundsätze gestrichen wurde. In einem Zukunftsausblick stellte er fest, dass die Versicherungsbranche zukünftig allerdings noch weit dringendere versicherungskartellrechtliche Herausforderungen zu meistern habe, wie beispielsweise den Brexit.

In ihrem Vortrag „Kartellverbot und Versicherungswirtschaft“ gewährte Maimann, Vorsitzende Richterin des 2. Kartellsenats am OLG Düsseldorf, einen Blick in die gerichtliche Praxis kartellrechtlicher Prozesse. Sie behandelte zunächst die Tatbestandsmerkmale des Art. 101 AEUV bzw. § 1 GWB und damit die Voraussetzungen für ein Kartellverbot. Betont wurden von ihr dabei Probleme in der Beweislage. Diese ergeben sich häufig aus den nicht verschriftlichten oder nur konkludenten Absprachen der Kartellmitglieder und führen zu der Schutzbehauptung, es handele sich nur um autonomes Marktverhalten der jeweiligen Unternehmen.

Zur Veranschaulichung unter anderem dieser kartellspezifischen Problematik bediente sich Maimann zweier Beispiele aus der Versicherungsbranche. Im Anschluss widmete sie sich den Folgen des Kartellverstoßes und arbeitete in diesem Zusammenhang die zweite Problemlage der gerichtlichen Praxis heraus. Für die mögliche Bußgeldhöhe ist nach § 81 Abs. 4 S. 3 GWB der Gesamtumsatz des Konzerns maßgeblich. Um diesen feststellen zu können, bedürfe es einer umfassenden Gesamtbetrachtung, welche einen hohen Arbeitsaufwand nach sich ziehe. 

Im Zusammenhang mit den verhängten Bußgeldern sprach Maimann noch von der Erfolgsgeschichte des Kronzeugenprogramms des BKartA. Es wurden Regelungen zur Reduzierung des Bußgeldes bei einer Kooperation mit den Behörden bei der Kartellaufdeckung geschaffen und damit eine goldene Brücke für Unternehmen gebaut, die wieder auf die Seite des Rechts gelangen wollen. Zum Schluss verdeutlichte Maimann, dass auch ohne Kartellverstoß noch eine Ordnungswidrigkeit vor allem nach § 130 OWiG vorliegen könne.

Im Anschluss an die Vorträge standen die Referenten den Teilnehmern bei einem Imbiss für Fragen und Diskussionen bereit.

Weitere Informationen und Unterlagen zur Veranstaltung sind hier verlinkt.

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